Mit dem Camper durch Tansania - Einblicke in eine außergewöhnliche Selbstfahrerreise
Die Sonne geht langsam über dem Fluss Ugalla tief im Westen Tansanias auf. Die Nacht war windig und kalt, in der Ferne grollte der Donner, doch das Gewitter ist vorbeigezogen. Noch erkennen wir nur die Konturen der Palmen am Ufer, deren abgestorbenen Palmblätter durch den Wind in der Nacht immer wieder laut krachend zu Boden fielen. Im Licht der ersten Sonnenstrahlen frühstücken wir und bauen das Camp ab. Wir, David und Andreas, sind im Ugalla-River-Nationalpark, einem der jüngsten Nationalparks des Landes. Erst 2019 wurde das Gebiet von einem Game Reserve zum Nationalpark umgewandelt. Hier wurde bis vor wenigen Jahren noch Großwildjagd betrieben – im Nationalpark ist dies nun verboten. In den 3.865 km² sind wir heute die einzigen Menschen weit und breit und genau diese Einsamkeit suchen wir auf unserer Erkundungsreise. Ziel ist es, verschiedene Regionen zu erforschen, um zu sehen, ob wir diese in das Portfolio von Akwaba Afrika aufnehmen können.
Wie sind wir bis zum Fluss Ugalla gelangt?
Unsere Erkundung beginnt in Dar-es-Salaam an der Küste des tansanischen Festlandes. Nach der Landung haben wir die Mietfahrzeuge, die mit Campingausrüstung ausgestattet sind, direkt am Flughafen übernommen, so dass wir nicht auf die touristische Infrastruktur angewiesen sind. Der erste Stopp der Reise ist der Nyerere-Nationalpark, der ebenfalls einst Teil eines Game Reserves war. Der nördliche Teil des ehemaligen Selous-Wildreservats wurde 2019 in den Nyerere-Nationalpark umgewandelt. Der Foto-Tourismus ist hier seit vielen Jahren etabliert, doch wir wollen herausfinden, ob sich die Straßenverhältnisse im Park auch für unsere Selbstfahrer eignen. Wir besuchen das wunderschöne Rufiji River Camp und lassen uns danach im Park auf den großen und kleinen Pisten und Pfaden treiben. Abseits der Hauptpiste fahren wir mehrere kleine Schleifen und genießen die abwechslungsreichen Tiersichtungen, bevor wir am Abend die Sable Mountain Lodge am nördlichen Rand des Nationalparks erreichen.
Von dort reisen wir durch die Uluguruberge und Kilombero-Tal nach Iringa. Auf dem Markt der lebendigen Regionalhauptstadt decken wir uns mit frischem Gemüse ein und besuchen „Iringa Delights“, ein spezielles Geschäft für italienische Spezialitäten. Beim Hofladen der Lutega Farm bekommen wir marinierte Schweinesteaks und in kleineren Läden – Duka auf Swahili – erledigen wir unsere restlichen Besorgungen. Wir sind bereit für das Abenteuer!
Im Ruaha-Nationalpark
Nach der Einkaufstour fahren wir in den Ruaha-Nationalpark. Am Anfang sind wir in der Region Msembe um den Ruaha- und Mwagusi-Fluss auf klassischer Pirschfahrt unterwegs. Als Highlight sehen wir einen Leoparden direkt im Baum über uns, sowie eines Baby-Elefanten, der von Löwen gerissen wurde. Traurig, aber das ist die Natur. Wir wollen den nördlichen Teil des Ruaha-Nationalparks erkunden und fahren über die steile Geländebruchstufe nach Norden. Statt offener Savanne durchfahren wir zuerst Hügellandschaft und schließlich dichte Miombo-Wälder. Miombo bezeichnet eine spezifische Form der Waldsavanne, die sich durch einen offenen Baumbestand mit wenig Unterholz auszeichnet. Diese Bezeichnung wird auch über die geografischen Grenzen der Region hinaus verwendet. Der Name „Miombo“ leitet sich von den häufig vorkommenden Baumarten Brachystegia boehmii und Brachystegia longifolia ab, die in einigen lokalen Sprachen als Miombo bekannt sind. Wir merken schnell, dass hier kaum Menschen unterwegs sind. Die Wildtiere sind sehr scheu und nehmen schnell Reißaus, wenn sie die Autos wahrnehmen. Am frühen Nachmittag erreichen wir schließlich den Mpululu Ranger Post am nördlichen Zipfel des Nationalparks. Nach einem längeren Gespräch dürfen wir unser Camp im Hof des Ranger Postens aufschlagen, und uns werden zwei Ranger zugewiesen – beide heißen Joseph - die mit uns auf den Mpululu Felsen wandern. Der Berg ist wie eine Insel im Miombo-Meer und dominiert die Landschaft. Die Erscheinung hat etwas Mystisches, und so ist es kein Wunder, dass hier einst das Grab des Wagogo-Herrschers Mapenza lag. Der Aufstieg ist steil und anstrengend und bis fast ganz oben finden wir Elefantendung. Unglaublich, wie gut Elefanten klettern können. Auf dem Felsen genießen wir die einmalige Aussicht und warten auf den Sonnenuntergang. Die Landschaft färbt sich langsam rötlicher, das Licht wird immer wärmer, bevor wir uns wieder an den Abstieg machen, um rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit am Auto zu sein. Die Ranger sind sehr hilfsbereit. Abends grillen wir mit dann mit den vorab gekauften Steaks einfache, aber leckere Burger.
Auf verschlungenen Pisten in den Mahale-Mountains-Nationalpark
Die Fahrt am kommenden Tag durch das angrenzende Rungwa-Wildreservat, in dem immer noch kommerzielle Großwildjagd betrieben wird, über Ipole nach Mpanda ist äußerst anstrengend und wir wissen nach wenigen Kilometern, dass diese Strecke kein touristisches Highlight ist. Obwohl der Weg über Mbeya und Katavi deutlich länger ist, bietet er mehr Sehenswertes und ist weniger anstrengend.
Seit Jahren gibt es unterschiedliche Meinungen, ob man vom Katavi-Nationalpark und Mpanda auf dem Landweg zum Mahale-Mountains-Nationalpark kommt. Kurz hinter Mpanda verlassen wir die Asphaltstraße und wählen den Weg über kleine Pisten zunächst in Richtung des Dorfes Mwese. Die Einblicke in das ländliche Tansania sind ein Erlebnis für sich und bald erreichen wir das Ufer des Tanganyikasees. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen, und fahrbar ist diese Strecke, zumindest in der Trockenzeit, definitiv. Am Hauptquartier der Ranger des Mahale-Mountains-Nationalparks klären wir alle Formalitäten und werden vom Boot unseres Camps abgeholt. Nach einer gut dreiviertelstündigen Fahrt erreichen wir die Mbali Mbali Mahale Lodge, direkt am Ufer des Tanganyikasees gelegen. Wir genießen das Mittagessen und stärken uns, denn gleich geht es los zur ersten Schimpansen-Wanderung. Wir sind noch keine Viertelstunde unterwegs, als wir die Tiere bereits hören. Sixtus, unser Guide und Camp Manager, erklärt uns, dass sie sich im Sumpf aufhalten und wir jetzt warten müssen. Nach einer weiteren Viertelstunde laufen die ersten Tiere direkt an uns vorbei, und wir kommen in der Hektik und vor Überraschung kaum zum Fotografieren. Die Schimpansen-Gruppe ist ziemlich unruhig. Leise folgen wir ihr weiter, bis wir das Seeufer erreichen. Hier tollen die Schimpansen auf den Bäumen und wir setzen uns einfach auf ein altes Boot und sehen ihnen dabei zu. Als die Gruppe die Bäume verlässt und weiterläuft, folgen wir ihnen mit etwas Abstand. Bald setzen sich mehrere Tiere auf den Boden und lausen sich gegenseitig. Wir setzen uns etwas entfernt auch auf den Boden und können ihnen ausgiebig bei ihrem Ritual zusehen. Als unsere Stunde „Schimpansen-Zeit“ vorüber ist, brechen wir auf. Doch die Primaten gehen in dieselbe Richtung wie wir und so folgen wir ihnen bis zurück zum Camp. Hier erwartet uns ein Sundowner, während die Schimpansen weiterziehen, um ihre Nester für die Nacht zu richten.
Am nächsten Morgen beginnt das zweite Trekking bereits vor dem Frühstück. Sixtus schlägt heute einen sehr flotten Schritt an und erklärt deutlich weniger. Wir merken schnell, heute sind die Schimpansen nicht so nah. Wir wandern bald querfeldein durch den dichten Wald und er schlägt uns mit der Machete den Weg frei. Teilweise klettern wir über Berghänge, in die extra für uns Trittstufen eingeschlagen werden. Und dann finden wir die Gruppe wieder. An einem Hang stehend beobachten wir das morgendliche Treiben. Heute sind die Tiere aktiver. So müssen wir mehrfach der Gruppe hinterherwandern, bevor die Menschenaffen sich auf den Weg in die Berge machen. Wir drehen um und kehren zurück zum Camp. Nach dem späten Frühstück kehren wir mit dem Boot zu den Autos zurück und fahren nach Kigoma, der größten Stadt am Tanganyikasee.
Die M.V. Liemba auf dem Tanganyikasee
Vor fast 15 Jahren war ich das letzte Mal in Kigoma. Hier verließ ich das Schiff M.V. Liemba, das damals im zweiwöchigen Rhythmus nach Mpulungu im Norden Sambias pendelte. Aus diesen Tagen kenne ich noch den Kapitän Titus Benjamin, mit dem ich heute das Schiff besichtigen möchte. Wir verabreden uns am Hafen und dann erzählt er mir, dass die Liemba seit Sommer 2018 nicht mehr in Betrieb ist. Sie wartet auf eine millionenschwere Generalüberholung und bis dahin dümpelt sie im Hafen von Kigoma vor sich hin. Einst wurde die M.V. Liemba in Papenburg gebaut und als S.S. Graf von Götzen nach dem Stapellauf auseinandergenommen und in Einzelteile zerlegt und nach Deutsch Ostafrika gebracht. Mit der Eisenbahn ging es bis kurz vor Kigoma und die letzten Kilometer wurden die Kisten und Teile von einer großen Schar lokaler Arbeiter getragen. Unter der Aufsicht von drei deutschen Ingenieuren wurde das Schiff wieder zusammengebaut und so fuhr es 1915 wenige Male auf dem Tanganyikasee. Bereits 1916 wurde das Schiff von den abziehenden deutschen Kolonialtruppen versenkt und 1918 wieder gehoben. Danach fuhr es für 100 Jahre auf dem Tanganyikasee.
Von Kigoma wenden wir uns gen Westen. Im ca. 100 km entfernten Uvinza besuchen wir die Salzminen. Wir folgen der Mittellandbahn bis Kaliua. Hier zweigt ein Gleis nach Süden in Richtung Mpanda ab, auch wir schlagen diese Richtung ein und treffen uns dort mit dem Park Ranger vom Ugalla-River-Nationalpark. Wir bezahlen unsere Nationalparkgebühren und uns wird der Weg zum Parkgate erklärt. Bald erreichen wir dieses und mit einem Ranger fahren wir immer tiefer in die Wildnis. Heute sind wir die einzigen Touristen im Park und merken schnell, dass die Tiere überhaupt nicht an Autos gewöhnt sind. Wir sehen zwar etliche Giraffen, Elefanten, Impalas, Kudus, Topis, Warzenschweine, Flusspferde und vieles mehr – doch kaum ein Foto will gelingen, denn die Tiere nehmen schnell Reißaus. Am Abend suchen wir uns eine schöne Stelle am Flussufer und es gibt Nudeln mit Tomatensauce. Einfach aber lecker.
Felsmalereien
In den nächsten Tagen reisen wir über Tabora nach Dodoma, der Hauptstadt Tansanias, und von hier weiter gen Norden zum Swaga-Swaga-Wildreservat. Auch hier wurde früher Großwildjagd betrieben, doch in den letzten Jahren wurde das Game Reserve für Fototouristen geöffnet. Hier geht es nicht um Tiere und Safari, sondern um die Vielzahl von Felsmalereien der Sandawe. Die Sandawe sind eine ethnische Gruppe in Zentraltansania von knapp 40.000 Menschen. Einst waren sie Jäger und Sammler, die mit ihren Felsmalereien Wissen weitergaben. Wir treffen eine Gruppe von Rangern sowie einen Sandawe Guide, die mit uns auf die Suche nach den Malereien gehen. Die erste Felsmalerei liegt auf einer Art Terrasse und ist über Treppenstufen einfach zugänglich. Wir sind begeistert vom Ausblick und von den gut erhaltenen Malereien. Doch die nächsten Felsmalereien sind leider nicht mehr so leicht erreichbar. Wir fahren durch die Miombowälder und wandern dann durch wegloses Gelände einen Berg hinauf, um sie zu erreichen. Als letzte Station in Swaga Swaga steht eine deutsche Ruine auf dem Programm. Es wirkt so, als wären unsere Begleiter dort auch noch nicht gewesen. Also fahren wir nach Norden und die nächste gute Stunde auf erbärmlichen Pisten querfeldein, bis wir einen Berg erreichen. Sind wir schon da? Ja, fast, denn die Ruine liegt ganz oben auf dem Gipfel. Also wandern wir einmal mehr in der prallen Sonne und durch dichtes Gestrüpp den Berg hinauf. Oben angekommen sehen wir noch die Überreste eines Hauses. Zu deutschen Kolonialtagen soll hier ein Kommunikationsposten gewesen sein. Aber ganz genau kann man den Zweck dieser Ruine nicht mehr nachvollziehen. Wir genießen die Aussicht und fahren anschließend weiter bis zum lebendigen Ort Mto wa Mbu.
Camping und Safari im Ngorongoro-Krater und der Serengeti
In Tansania gibt es verschiedene Arten von Zeltplätzen. Public Campsites in den Nationalparks, Private oder Special Campsites in den Nationalparks sowie privat betriebene Zeltplätze außerhalb der Parks. Am wohl schönsten Platz sind wir gestern spät und bei Dunkelheit angekommen. Wir stehen an der Bruchkante des Ostafrikanischen Grabenbruchs auf einer angelegten Wiese und haben Ausblick auf den Manyarasee. Neben warmen Duschen, Toiletten, Kochstelle und Feuerstelle gibt es hier außerdem ein Restaurant und sogar einen Infinity-Pool! Hätten wir mehr Zeit würden wir hier für ein paar Tage bleiben – die Migombani Campsite ist ein Paradies für Camper in Tansania – bequem, sauber und komfortabel. Nachdem wir die Vorräte wieder aufgefüllt haben, fahren wir durch die Ngorongoro-Conservation-Area in Richtung Serengeti. Die Piste ist einmal mehr in erbärmlich schlechtem Zustand. Die 80 Kilometer von Ngorongoro bis Naabi Hill Gate zählen zu den schlechtesten Straßen, die ich kenne. Wir quälen uns entlang dieser Strecke und hoffen, dass das Material durchhält. Unsere Hoffnung wird erfüllt und so erreichen wir den wohl bekanntesten Nationalpark Afrikas: Die Serengeti. Da uns die Hauptpiste zu voll ist, verlassen wir diese und versuchen unser Glück auf den kleineren Pisten im Seronera-Valley. Wir sehen unzählige Gnus in riesigen Herden, Löwen, Elefanten, Zebras, Impalas, Riedböcke und erreichen am Nachmittag die Nguchiro Public Campsite. Es ist Nebensaison und wir sind die ersten am Zeltplatz. Gegen Abend füllt es sich etwas mehr doch wir stehen abseits und können hier in Ruhe kochen, reden, und abends das Lagerfeuer genießen. Hautnah in der Wildnis aber mit Toilettenhaus für menschliche Bedürfnisse – ein guter Kompromiss!
Die nächsten zwei Tage verbringen wir in der zentralen und nördlichen Serengeti. Neben unzähligen Antilopen, Zebras, Elefanten, Warzenschweinen und Hyänen erspähen wir auch einen Gepard, der auf dem Felsen über der Savanne thront. Die Serengeti hält was sie verspricht: Die Tiersichtungen und die Landschaft sind atemberaubend und faszinierend, doch im Seronera Valley sind immer sehr viele Safarifahrzeuge unterwegs. Deshalb verlassen wir den Park im Nordosten durch das Klein’s Gate und fahren über den Natronsee nach Moshi.
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